Sonntag, 30. Juni 2013

Rio vor dem Finale

Rio de Janeiro bereitet sich auf das große Finale heute zwischen Brasilien und Spanien vor. Gestern hatte beide Mannschaften ihr Abschlußtraining im Maracanã. In der Metro und auf dem Weg zum Stadion ist schon Alles gut ausgeschildert. Einige Geschäftsinhaber schützen schon mal vorsorglich ihre Läden, denn es sind wieder Demonstrationen angekündigt. Insgesamt ist der Confed Cup organisatorisch sehr gut gelaufen. Auch die Spiele und besonders die Torquote konnten überzeugen. Der große Moment waren jedoch die Demonstrationen auf der Straße, die sicher Alle überrascht haben. Wir können gespannt sein, welche Konsequenzen das bei FIFA, CBF, Regierungen, Fans, Medien und Fußballverbänden auslösen wird.





Freitag, 28. Juni 2013

Rio de Janeiro

Das Finale steht. Am Sonntag werden sich Brasilien und Spanien im Maracanã in Rio de Janeiro gegenüberstehen. Hier einige Infos zu Brasiliens ehemaliger Hauptstadt.


Die Stadt
Die Einwohner von Rio de Janeiro nennen sich selbst „Cariocas“ und sind der Überzeugung, dass sie am Nabel der Welt wohnen. Ihre Stadt gilt als Aushängeschild und kulturelles Zentrum Brasiliens, obwohl Rio schon seit 1960 nicht mehr Hauptstadt von Brasilien ist. Die kreative Energie spürt man an allen Ecken und Enden der Stadt. In Rio wurden weltberühmte Rhythmen wie Samba, Bossa Nova und Baile Funk ins Leben gerufen. Das Nachtleben ist legendär, und vor allem im Ausgehviertel Lapa tummeln sich nachts tausende von Menschen auf den Straßen. Alljährlich zum Karneval strömen unzählige Touristen in die Stadt, um sich gemeinsam mit den Einheimischen den heißen Rhythmen hinzugeben.
Im geografischen Zentrum der Stadt liegt der Tijuca-Regenwald, der zum Nationalpark erklärt wurde und auf dessen Spitze die berühmte Christusstatue steht. Um diesen größten Stadtpark der Welt formiert sich Rio de Janeiro zwischen Stränden und Gebirge. Von der Christusstatue aus gesehen nordöstlich befindet sich das historische Zentrum der Stadt, das für die Olympischen Spiele komplett renoviert wird. Neben der portugiesischen Kolonialarchitektur können dort auch Kirchen, Büchereien, Museen und das ehemalige Regierungsviertel bewundert werden. Lohnenswert ist ein Ausflug mit der Oldtimer-Straßenbahn durch das malerische Künstlerviertel Santa Teresa. Das Stadtzentrum liegt direkt an der Guanabara-Bucht, von wo aus Fähren in die Nachbarstadt Niterói mit ihrem Niemeyer-Museum, das wie ein gelandetes Ufo aussieht, fahren.


Südlich vom Zentrum passiert man den weltberühmten Pão de Açúcar (Zuckerhut), der die Grenze zwischen Bucht und Atlantikstränden markiert. Hier befinden sich mit Copacabana, Ipanema und Leblon die bekanntesten Stadtteile mit ihren weltberühmten Stränden. Diesen Bereich nennt man Südzone. Hier wohnen die „Oberen Zehntausend“ des Landes. Nicht selten trifft man Schauspieler, Musiker oder Künstler am Strand. Direkt dahinter liegen in beeindruckender natürlicher Lage die Lagune und der Botanische Garten und tragen dazu bei, dass Rio de Janeiro über ein Image der „Berufung zum Genuss“ verfügt.
Weiter im Süden wird am Gavea-Felsen vorbei das Neureichen-Viertel Barra da Tijuca erreicht, das über die wohl schönsten Strände verfügt. Dennoch gibt es noch viel freies Bauland. Beim ehemaligen Formel-1-Gelände entsteht gerade der Olympiapark für 2016. Wendet man sich vom Meer in Richtung Landesinneres, so tauchen einige der ärmsten Bereiche der Stadt auf. Hier befindet sich auch die durch den Kinofilm „City of God“ berühmt gewordene Favela. Die Vororte der Ostzone sind die Bereiche mit der höchsten Bevölkerungsdichte. Sie bieten aber nur wenige touristische Attraktionen, und so kann man sich auf der anderen Seite des Tijuka-Parkes wieder in Richtung Zentrum bewegen.


Dabei werden die traditionellen Vororte der Nordzone durchquert, in denen das Olympiastadion Engenhão gebaut wurde. Kurz vor dem Zentrum befindet sich das Maracanã-Stadion im Stadtteil Tijuca und der Kaiserpalast Quinta da Boa Vista in São Cristóvão. Letzteres ist die traditionelle Wohngegend der portugiesischen Händler, in dem sich bis heute mehrere Märkte befinden. Außerdem hat der portugiesische Verein Vasco da Gama seinen Sitz in São Cristóvão. Nicht vergessen werden soll ein Hinweis auf das Besucherzentrum des Tijuca-Nationalparks in Alto da Boa Vista, das zu Wanderungen einlädt und vom dem aus sich atemberaubende Ausblicke über die Stadt bieten.
Außerhalb der Stadt befinden sich noch vier weitere Nationalparks im Bundesstaat Rio de Janeiro. Da ist zunächst der im Süden gelegene Regenwald der Serra da Bocaina mit seiner malerischen historischen Hafenstadt Parati. Weiter im Landesinneren befindet sich das Itatiaia-Gebirge, und auf den Bergen hinter Rio de Janeiro liegt der ehemalige Sommersitz des Kaisers in Petrópolis. Zwischen ihm und der Stadt Teresópolis lockt der Nationalpark Serra dos Órgãos mit dem Gottesfinger-Felsen Besucher an. Im nördlichen Bundesstaat liegt schließlich der Jurubatiba-Park, der weniger Regenwald und dafür mehr Dünen, Mangroven und Strände aufweist. Dieser unter Strandurlaubern sehr beliebte Bereich wird Seenregion genannt. Die Stadt Búzios wurde nach einem Besuch von Brigitte Bardot in den 1960er Jahren berühmt. Im Juli kann man dort mit einem regenarmen und milden Winter rechnen.


Die traditionelle Küche Rio de Janeiros wird in den sogenannten Botequims gekocht, die vor allem im und um das Zentrum zu finden sind. Einige der bekanntesten Botequims sind Nova Capela, Bar Luiz, Bar Brasil, Bar do Mineiro und Café Lamas. Zu den besten Lokalen gehört Caneco Gelado do Mário mit seinen berühmten Krebspastetchen und Kabeljaubällchen in der Nachbarstadt Niterói.


Fast alle Restaurants bieten mindestens einmal pro Woche den reichhaltigen Bohneneintopf Feijoada. Er besteht aus mehreren Fleischsorten, die in Bohnen gekocht werden. Dazu gibt es Grünkohl, Reis, Maniokmehl und Orangenscheiben. Der Gemüseeintopf Cozido und das Ochsenschwanzgericht Rabada werden ebenfalls einmal die Woche angeboten. Auf keiner Speisekarte fehlen darf auch das Oswaldo Aranha Steak mit Reis, Pommes, Maniokmehl und viel Knoblauch. Garnelenrisotto ist ein weiteres typisches Gericht der Botequims.


Gern naschen die Cariocas salzige Kleinigkeiten (Salgados oder Petiscos) - zum Beispiel Pasteten, Fleisch- oder Fischbällchen, Sandwiches oder getrocknetes Fleisch mit frittiertem Maniok. Auch in Rio de Janeiro gibt es hervorragende Churrascarias, besonders beliebt ist der Rinderrücken Picanha. Und wer gerne Fisch oder Meeresfrüchte mag, dem sei der Fischmarkt mit seinen Restaurants in Niterói empfohlen.

Der Fußball
Neben São Paulo ist Rio de Janeiro die zweite große Fußballmetropole Brasiliens. Rio hat vier große Klubs in der ersten Liga, die gemeinsam bereits 15 Mal die brasilianische Meisterschaft in die Stadt holten. Alle vier spielten eine wichtige Rolle in der nationalen Fußballhistorie und haben große Anhängerscharen.
Der Fluminense FC ist einer der ältesten Fußballvereine des Landes. Er wurde 1902 von dem Engländer Oscar Cox gegründet und behielt bis heute seine englische Schreibweise bei. Fluminense gilt als Verein der Oberschicht. Das Klubpräsidium war entscheidend an der Organisation der ersten Fußball-Ligen in Brasilien und des Nationalverbandes beteiligt. Der sowohl von seiner Architektur, als auch von seiner Lage her, beeindruckende Vereinssitz im Stadtteil Laranjeiras stammt aus den 1920er Jahren und ist nahezu im Original erhalten und damit einen Besuch wert. Neben dem 1919 bei der Südamerikameisterschaft genutzten Stadion findet man dort fast alle erdenklichen Sportanlagen wie Tennisplätze und Schwimmbecken. Die Olympiaathleten sind der große Stolz des Vereins.


1912 trat eine komplette Fußballmannschaft nach einem Streit bei Fluminense aus und gründete beim bereits existierenden Klub Flamengo eine Fußballabteilung. Damit wurde das berühmte Stadtderby „Fla-Flu“, quasi ein Vater-Sohn Duell, geschaffen. Das Spiel bannt die Massen und hat einige denkwürdige Auflagen erlebt. Eines der berühmtesten Duelle ist das „Fla-Flu der Lagune“, als die Spieler von Fluminense im Jahr 1941 den Ball so lange aus dem Stadion Flamengos in die Lagune droschen, bis sie den Sieg über die Zeit gerettet hatten. 1995 wurde die Rio-Meisterschaft im strömenden Regen und vor 112.000 Zuschauern erst durch ein Bauchtor von Renato Gaúcho in der 86. Minute zu Gunsten Fluminenses entschieden, nachdem zuvor drei Fluminense-Spieler rote Karten gesehen hatten.
Flamengo gilt als der Verein mit der größten Fangemeinde weltweit. Er existiert als Ruderverein bereits seit 1895, kam aber wie erwähnt erst 1912 zu einer Fußballabteilung. Die Wurzeln des Klubs liegen ebenfalls in Rios Oberschicht. Im Laufe der Geschichte änderte Flamengo sein Image jedoch zu dem eines populären Vereins. Auslöser war die Verpflichtung des dunkelhäutigen Superstars Leônidas in den 1930er Jahren. Da in der damaligen Hauptstadt Rio de Janeiro sämtliche Radio- und später Fernsehstationen ansässig waren wurde der Bekanntheitsgrad des Vereins ins ganze Land getragen. In den 1980er Jahren besaß man mit Spielern wie Zico und Junior ein legendäres Team, das den Copa Libertadores und den Weltpokal gewinnen konnte. 


1904 wurde der Fußballverein Botafogo im gleichnamigen Stadtteil in der Südzone Rio de Janeiros gegründet. Der Verein wurde weniger wegen seiner Titel als vielmehr wegen einiger seiner Spieler berühmt. Die halbe Weltmeistermannschaft von 1958 bzw. 1962 stammte aus seinen Reihen. Herausragend war seinerzeit Dribbelkünstler Garrincha. In den 1950er Jahren war Carlito Rocha Präsident des Klubs und konstruierte ein abergläubisches Image des Vereins. So wurde beispielsweise der Hund Biriba kurzerhand zum Glückbringer erklärt, weil er während eines erfolgreichen Spiels auf den Platz gelaufen war. Botafogo trägt seine Heimspiele im Olympiastadion Engenhão aus.
Schließlich wurde 1915 mit Vasco da Gama der einzige echte Arbeiterverein unter den „Großen Vier“ Rio de Janeiros gegründet. Der Klub der portugiesischen Gemeinde aus der Nordzone galt zunächst als der Ausgestoßene in der Rio-Meisterschaft, zumal er seine Spieler bezahlte. Das war aus der Sicht Vascos nötig, um den Athleten aus der Unterschicht überhaupt einen Trainingsbesuch zu ermöglichen. Der Amateurverband schuf daraufhin neue Auflagen (wie beispielsweise ein vereinseigenes Stadion und die Unterschrift von jedem Spieler im Spielbericht, was den Angehörigen der Unterschicht oft nicht möglich war) und erschwerte Vasco das Leben. Doch der Klub brachte seinen Athleten das Schreiben des eigenen Namens bei und errichtete 1927 das 25.000 Zuschauer fassende São Januário-Stadion, das noch heute genutzt wird.


Unter den Gründungsmitgliedern der Rio-Meisterschaft war auch der Verein América aus dem Stadtteil Tijuca zu finden, der aber inzwischen erheblich an Bedeutung verloren hat. Ein anderer historisch wichtiger Verein ist der Bangu AC aus dem entlegenen Vorort Bangu, der an eine dortige englische Textilfabrik angeschlossen war. Wahrscheinlich hat dort auch das erste Fußballspiel Rio de Janeiros stattgefunden. Entgegen der Ligastatuten setzte der Klub schon früh Spieler der Fabrik in seiner Mannschaft ein. Heute plagen auch Bangu große wirtschaftliche und sportliche Probleme. Andere traditionelle Vorortvereine sind Madureira, Olaria und São Cristóvão. Letzter war der erste Klub von Ronaldo Fenômeno.
Das WM-Stadion Rios wird das komplett renovierte Maracanã sein. Es wird in der Liga von Fluminense und Flamengo genutzt und wurde zur WM 1950 errichtet. Damals bot es 200.000 Menschen Platz und war bis zu seiner ersten Renovierung 1999 nie ausverkauft. Anschließend wurden schrittweise die Stehplätze abgebaut und durch Sitzschalen ersetzt, so dass 2014 nur noch 80.000 Menschen in einem All-Seater Platz finden werden.

Botafogo de Futebol e Regatas
Gegründet: 12. August 1904
Trikots: schwarz-weiße Hemden, schwarze Hosen
Titel:
Staatsmeisterschaft: 19 Mal
Brasilianischer Meister: 1995
Brasilianischer Pokal: 1968
Wichtige Spieler: Garrincha, Zagallo, Didi, Nílton Santos, Paulo César Caju,          Túlio, Heleno de Freitas
Internet: www.botafogo.com.br

Clube de Regatas do Flamengo
Gegründet: 3. Mai 1912
Trikots: rot-schwarze Hemden, weiße Hosen
Titel:
Staatsmeisterschaft: 32 Mal
Brasilianischer Meister: 1980, 1982, 1983, 1992, 2009
Brasilianischer Pokal: 1990, 2006
Copa Libertadores: 1981
Weltpokal: 1981
Wichtige Spieler: Leônidas, Zizinho, Zico, Júnior, Petcovic, Ronaldinho       Gaúcho, Jorginho, Adriano
Internet: www.flamengo.com.br

Fluminense Football Club
Gegründet: 21. Juli 1902
Trikots: grün-weiß-rote Hemden, weiße Hosen
Titel:
Staatsmeisterschaft: 31 Mal
Brasilianischer Meister: 1970, 1984, 2010, 2012
Brasilianischer Pokal: 2007
Weltpokal: 1952
Wichtige Spieler: Rivellino, Assis, Carlos Alberto Parreira, Castilho, Darío    Conca, Deco, Fred, Renato Gaúcho, Washington, Branco
Internet: www.fluminense.com.br

Clube de Regatas Vasco da Gama
Gegründet: 26. November 1915
Trikots: schwarze-weiße Hemden, schwarze Hosen
Titel:
Staatsmeisterschaft: 22 Mal
Brasilianischer Meister: 1974, 1989, 1997, 2000
Brasilianischer Pokal: 2011
Copa Libertadores: 1998
Wichtige Spieler: Roberto Dinamite, Romário, Vavá, Barbosa, Bismarck,     Friaça, Edmundo, Juninho Pernambucano

Internet: www.vasco.com.br

Donnerstag, 27. Juni 2013

Fortaleza (Spanien - Italien, 0:0, 7:6 nE)

Das zweite Halbfinale zwischen Spanien und Italien (0:0, 7:6 nE) fand heute in Fortaleza statt. Die einzige Stadt, die ich während des Confed Cups nicht besucht habe. Es folgt die Städtebeschreibung.

Die Stadt
Fortaleza liegt an der Nordküste Brasiliens und ist eine Art São Paulo mit Strand. 2,5 Millionen Menschen drängen sich in der Hauptstadt des Bundesstaates Ceará, die zu einem industriellen und wirtschaftlichen Zentrum geworden ist. Wie in São Paulo ist das Stadtbild von Wolkenkratzern geprägt, und auch das Design der Straßenschilder entspricht dem von São Paulo.


Aber Fortaleza ist mit seinen schönen Stränden auch ein Touristenmagnet, der von mehreren europäischen Städten aus direkt angeflogen wird. An der breiten Strandpromenade drängt sich ein Hotelhochhaus neben dem anderen. Bis spät in der Nacht sind unzählige Menschen unterwegs um zu trinken und Freunde zu treffen oder einfach nur, um zu sehen und gesehen zu werden.


Ceará ist ein eher trockener Landstrich, dessen wüstenhafte Ausstrahlung gelegentlich durch Kokos- und Cajúplantagen unterbrochen wird. Diese bizarre Landschaft mit Sonnengarantie besitzt einige der spektakulärsten Strände wie beispielsweise Mundaú, Águas Belas oder Canoa Quebrada. Wer Zeit hat, sollte zudem in die 320 Kilometer entfernte Strandoase Jericoacoara reisen. Von dort aus kann man in etwa vier Tagen und mit einem Geländewagen die Überfahrt nach São Luis und dessen historischer Altstadt machen, wobei es am Parnaiba-Delta und den Dünen der Lenções Maranhenses vorbei geht.


Die lokale Küche ist recht fleischlastig. Picanha, Maminha, Ziege, getrocknetes Rindfleisch oder Hähnchen wird mit dem allgegenwärtigen Baião de Dois, eine Art Risotto mit Bohnen, und Coalhokäse gereicht. Sehr empfehlenswert ist das Escondidinho, ein mit Käse überbackenes trockenes Fleisch mit Maniokpüree. In populären Restaurants sind Gerichte mit Innereien beliebt, wie zum Beispiel Panelada, Sarapatel und Kaumagen (Moela). Typische Fische der Region sind Surubim, Cavala und Rochen. Jeweils am Donnerstag treffen sich die Einheimischen am Futuro-Strand, um Krebse (Caranguejo) in verschiedenen Variationen zu essen.


Die lokale Cajúproduktion ist so riesig, dass die Fruchtschalen tonnenweise weggeworfen werden, denn ihre Nüsse, sind viel ertragreicher. Was trotzdem auf dem Teller landet, sind Marmeladen und Kompotte aus Cajú-Schalen. Andere typische Früchte sind Seriguela und Cajá, die sich hervorragend für Caipirinhas eignen. Auch in Ceará gibt es Tapiocas, oft mit Kokosraspeln.

Der Fußball
Fußball traf in Brasilien unabhängig voneinander an verschiedenen Orten aus Europa ein und breitete sich anschließend zunächst nur lokal aus. So war das auch in Fortaleza. Dort bestanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts enge Kontakte mit Paris, weshalb diese Zeit auch „Belle Époque“ genannt wird. Die Gründer des Fortaleza EC wählten zudem die französischen Nationalfarben für ihr Klubwappen aus.


Bis heute ist Fortaleza ein bürgerlich geprägter Verein, der sich auf lokaler Ebene emotional aufgeladene Derbys mit dem Stadtrivalen Ceará liefert. Der wiederum betont bewusst die regionale Verbundenheit und lehnt ausländische Einflüsse ab. Obwohl Fortaleza eine der wichtigsten Städte des Landes ist, haben beide Vereine Schwierigkeiten, in den nationalen Meisterschaften mitzuhalten. Die meiste Zeit verbringen sie in der zweiten Liga und somit fern der überregionalen Titel.


Beide Vereine nutzen das öffentliche Stadion Castelão, das eine für die Militärdiktaturzeit typische Betonschüssel ist. Einst fanden dort über 100.000 Zuschauer Platz. Für die WM ist nur die Fassade erhalten geblieben, während der Innenraum komplett umgestaltet und auf eine Kapazität von etwa 60.000 verringert wurde. Das Stadion stand ursprünglich zwischen großen Ausfallstraßen am unbewohnten Stadtrand. Heute liegt es inmitten eines riesigen Slums, was den WM-Organisatoren durchaus Sorge bereitet.

Ceará Sporting Club
Gegründet: 2. Juni 1914
Trikots: schwarz-weiße Hemden, schwarze Hosen
Titel:
Staatsmeisterschaft: 41 Mal
Wichtige Spieler: Belletti, Edmílson, Iarley
Internet: www.cearasc.com

Fortaleza Esporte Clube
Gegründet: 18. Oktober 1918
Trikots: rot-blaue Hemden, blaue Hosen
Titel:
Staatsmeisterschaft: 39 Mal
Wichtige Spieler: Paulo Isidoro, Ari, Garrinchinha

Internet: www.fortalezaec.net

Mittwoch, 26. Juni 2013

Brasilien – Uruguay, 2:1


Ich bin wieder daheim in Rio de Janeiro. Das Halbfinale zwischen Brasilien und Uruguay fand aber in Belo Horizonte statt, also beschloss ich das Spiel in der Bar do Gomes im Stadtteil St Teresa zu verfolgen. In Rio war für heute keine Demonstration angekündigt und die Dinge sind im Moment ruhig. Ganz im Gegensatz dazu wurde am Spielort Belo Horizonte wieder kräftig demonstriert.


Die Entwicklungen rund um die brasilianische Protestbewegung sind sehr interessant. Präsidentin Dilma hat ihre Ankündigung wahr gemacht und schnell reagiert. Noch am Montag hat sie sich zunächst mit Vertretern der Protestbewegung aus São Paulo getroffen. Gleich im Anschluß wurde ein Meeting mit den Gouverneuren und den wichtigsten Bürgermeistern durchgeführt. Dabei machte Dilma ein paar Vorschläge, die im Fernsehen übertragen wurden:
1.      Ein Plebiszit, um eine Verfassungsänderung für eine Reform des politischen Systems durchzuführen.
2.      Verschärfung der Gesetzgebung zur Bekämpfung der Korruption.
3.      Investition von 100% der Royalties aus der Ölgewinnung in die Bildung.
4.      Verbesserung des Gesundheitssystems.
5.      Nationaler Plan zum Ausbau des öffentlichen Transportsystems.
Aus meiner Sicht war das ein sehr intelligenter Schachzug, denn sie ging auf die wichtigsten Forderungen der Demonstranten ein und machte gleichzeitig klar, dass sie die Zügel in der Hand hat. Sie, als Präsidentin, formulierte die Forderungen, die jetzt von einer Bestätigung im Parlament abhängen. Somit gibt sie die Verantwortung an die Abgeordneten weiter. Es ist wichtig zu erklären, dass in Brasilien der Präsident zwar Staatsoberhaupt und Regierungschef ist, aber nicht unbedingt über eine Mehrheit im Parlament verfügt. Die Proteste spielen also Dilma in die Karten, denn so wurde der nötige Druck aufgebaut, um die Reformen in die Wege zu leiten. Dilma kann sich nun als Initiatorin profilieren.
Der Punkt des Plebiszit zur Verfassungsänderung ist dabei der gewagteste Vorschlag, denn er geht zum einen auf die Forderung von mehr direkter Demokratie ein und kann sich deshalb des Rückhalts in der Bevölkerung gewiss sein. Zum anderen dürfte besonders die konservative Opposition gegen ihn Sturm laufen, weil sie befürchten muss, dass Dilma damit ihre eigene Position stärken wird.
Wie nicht anders zu erwarten war, ließen die Proteste nicht auf sich warten. Konservative Oppositionsführer merkten an, dass Volksabstimmungen über die Verfassung sehr an bolivarianische Regime, wie das Venezuela von Chaves oder das Ekuador von Correas, erinnern würden. Dilma traf sich gestern mit Verfassungsrechtlern, die ihr scheinbar von der Idee abrieten, denn heute wurde vermeldet, dass das Plebiszit wohl nicht stattfinden wird. Währenddessen trifft sich Dilma weiter mit Vertretern von Gewerkschaften und Brasiliens oberstem Richter.


Plötzlich geht auch im Parlament alles ganz schnell. In den letzten zwei Tagen wurden mehrere Abstimmungen durchgeführt, die Teil der Forderungen der Demonstranten sind. So wurde die PEC 37, die der Staatsanwaltschaft investigative Befugnisse entzogen hätte abgelehnt. Außerdem wurde schon entschieden, dass die Royalties der Ölgewinnung zu 75% in die Bildung und zu 25% in das Gesundheitssystem fließen sollen. Schließlich wurde auch die Praktik der geheimen Abstimmung im Parlament aufgehoben. Die Abstimmung zur Verschärfung der Gesetzgebung zur Korruption ist noch für heute angekündigt. Es ist atemberaubend.
Insgesamt scheint es mir so, dass Dilma als Gewinnerin aus den Auseinandersetzungen gehen könnte. Sie macht Vorschläge, zeigt sich als starkes Staatsoberhaupt, bleibt aber trotzdem bescheiden und unaufgeregt. Dilmas Arbeiterpartei PT kann viel glaubhafter verkaufen, dass sie mit den Demonstranten auf der Straße koaliert, als ihre konservative Opposition.


Aber zurück zum Spiel. Das Spiel fand um 16.00h, also noch während des normalen Arbeitstages statt. Trotzdem war nicht nur die Bar do Gomes sondern auch die Nachbar-Kneipe Nega Tereza gerammelt voll. Der Confed Cup hat die Brasilianer mehr mobilisiert als ich dachte. Deswegen stehe ich auch zu der Aussage, dass die Leute nicht gegen den Fußball oder die WM sind, sondern gegen die FIFA und die Verteilung von Ressourcen.



Uruguay spielte taktisch sehr klug und war der bisher stärkste Gegner für Brasilien. Außerdem verschoss Forlan einen Elfmeter. Aber zum Schluss zeigte Brasilien dann doch, dass sie den Sieg mehr wollten. Ich bin beeindruckt von der Art, wie Felipão es versteht ein Team zu formen. Brasilien wurde von einer vernachlässigbaren Mannschaft zu einem Titelfavoriten. In Belo Horizonte zog sich der Protestmarsch friedlich vom Zentrum bis zum Stadion im Stadtteil Pampulha. In Pampulha kam es wieder zu Ausschreitungen. Autos und Busse wurden in Brand gesetzt und ein Hyundaihändler mit Steinen beworfen.

Montag, 24. Juni 2013

Uruguay – Tahiti, 8:0


Das WM-Stadion Recifes liegt eigentlich schon in einer anderen Stadt: São Lourenço da Mata. Um dort hin zu kommen muss man die U-bahn im Zentrum der Stadt in Richtung Camaragibe nehmen und nach etwa einer halben Stunde Fahrt in Cosme Damião aussteigen. Recife hat eine etwas bedrückende Atmosphäre. Der Zug fährt durch schaurige Armenviertel bis vor die Tore der Stadt. In Cosme Damião wurde ein neuer Busbahnhof gebaut und es warten schon Busse, die die Zuschauer zum Stadion bringen.


Der Bus schlängelt sich klappernd durch kleine Dörfer und den atlantischen Regenwald. Die Straße, die Bahnhof mit Stadion verbinden soll, muss erst noch gebaut werden. Dann hält der Bus mitten im Grünen und man muss noch etwa einen Kilometer in der heißen Sonne Pernambucos laufen. Immerhin regnet es nicht, denn in Recife ist im Juni eigentlich Regenzeit. Insgesamt läuft der Transport ganz gut, wohl auch, weil heute nur etwa 20.000 Zuschauer gekommen sind, um Uruguay – Tahiti zu sehen.



Das nagelneue WM-Stadion ist ein weiteres architektonisches Schmuckstück Brasiliens. Aber hinter der geschliffenen Oberfläche kann man noch mehrere Baustellen erkennen. Viele Bereiche werden mit Tüchern versteckt und Backstage gibt es noch keine Toiletten, nur Dixie-Klos. Aber bis zur WM sollte es kein Problem sein, das noch fertigzustellen. Die Organisatoren haben jetzt sowieso andere Sorgen. In Recife blieb es übrigens ziemlich ruhig. Ein Grund könnte sein, dass es schwierig ist, einen Protest so weit vor den Toren der Stadt aufzuziehen.


Die Fans waren gut gelaunt und haben wieder ein Mal entschieden den Außenseiter Tahiti zu unterstützen. In Recife gibt es die Mannschaft Ibis, die von sich selbst sagt, sie sei das schlechteste Team der Welt. Wahlspruch ist: „Nichts könnte schlechter sein.“ (Nada pode ser pior): http://www.ibismania.com.br/. Klar das Ibis, unter dem Namen Taitibis, Tahiti unterstützte. Berühmtester Spieler von Ibis ist der Frisör Mauro Shampoo, der in Recife seinen Salon hat.  


All die guten Wünsche haben nichts genutzt und Tahiti verlor auch sein letztes Spiel mit 8:0. Die Fans begannen irgendwann zu rufen: „Hey, Schiri, hilf Tahiti!“ (Hey Juiz, ajuda o Taiti). Trotz der haushohen Überlegenheit fing sich Uruguay in der zweiten Halbzeit eine ziemlich dämliche Rote Karte ein und so keimte etwas Hoffnung auf. Aber schon kurz darauf wurde ein Tahitianer, ähnlich dämlich, vom Platz verwiesen.




Nach dem Spiel nahm ich den Bus zurück zur U-Bahn. Diesmal gab es längere Schlangen. Bei ausverkauften Spielen wird das problematisch. Bekannte aus Recife waren beim Spanienspiel und hatten mir schon erzählt, dass für sie der Transport ein Horror war. In den Dörfern rund um das Stadien wurden unzählige Johannis-Feuer gezündet. Der Johannistag ist in Pernambuco einer der wichtigsten Feiertage des Jahres und wird schon am 23.06. gefeiert.



Deshalb beschloss ich auch nach meiner Rückkehr ins Zentrum, in die Altstadt zum Marco Zero zu gehen und dort die Feierlichkeiten anzuschauen. Es wurden auf mehreren Plätzen Bühnen errichtet, auf denen verschiedene Bands spielten. Die Buden verkauften Maniok mit Fleisch und Grillspieße. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Party auf den Dörfern besser gewesen wäre.